von Dr. Sarah Rudolf, LVR-AFZ
Dr. Sarah Rudolf stellt einleitend die Grundlagen der Bundessicherungsverfilmung vor: 1954 wurde die Haager Konvention als völkerrechtlicher Vertrag ins Leben gerufen mit dem Ziel des Kulturgutschutzes, 1961 legte das Bundesarchiv die Weichen für die Bundessicherungsverfilmung, 1967 wurde die Haager Konvention durch die Bundesrepublik ratifiziert. Erfahrungshorizont waren die Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs (Beispiel für NRW: “Kahnakten” des Staatsarchivs Düsseldorf als schwerer Kulturgutschaden) und die sicherheitspolitische Lage des “Kalten Krieges”. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe legte 2012 eine neue Publikation auf (“Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten”), die erneut den Wert der Bundessicherungsverfilmung für den Kulturgutschutz unterstrich. Die bekannten Kulturgutnotfälle der letzten Jahrzehnte wie auch die sich abzeichnenden Bedrohungen durch den Klimawandel unterstreichen gegenwärtig deutlich den fortdauernden Bedarf, auch für den Fall massiver Kulturgutschäden oder gar von Totalverlusten gewappnet zu sein und eine Ersatzüberlieferung zu schaffen.
Wichtig ist es dabei, einen mehrgleisigen Ansatz zu verfolgen. Neben dezentralen Notfallstrukturen und Maßnahmen der präventiven Bestandserhaltung stellt die Bundessicherungsverfilmung dabei ein zentral organisiertes Element dar. Die Notwendigkeit, hier vorausschauend zu planen, um das eigene Kulturgut nachhaltig schützen zu können, liegt auf der Hand. Gleichwohl weist Rudolf darauf hin, dass die Verfilmung primär eine Schutzverfilmung ist und der Gedanke des Originalersatzes nur den Ausnahmefall darstellen darf.
Mit Blick auf die Hochwasserkatastrophe von 2021 hat sich die Bundesverfilmung von Rückgratbeständen bereits als wichtiges “Back-Up” erwiesen. In Bad Münstereifel seien beispielsweise das Goldene Buch, der gesamte Urkundenbestand und einige Zeitungsbestände durch die Verfilmung gesichert gewesen und können mit vergleichsweise geringem Aufwand durch eine Digitalisierung rasch wieder für die Forschung nutzbar gemacht werden, obwohl die Originale teilweise stärkste Schädigungen erlitten haben.
Zwar ist die Herstellung von Mikrofilmen mittlerweile auf ein digitales Verfahren umgestellt worden, das heißt, die Mikrofilme werden von Digitalisaten der Originale erzeugt; dennoch bieten die Mikrofilme, die über eine Haltbarkeit von 500 Jahren verfügen sollen, nach derzeitigem Stand eine deutlich längere Haltbarkeit als digitale Daten. Gleichwohl ist ein Informationsverlust nicht zu vermeiden – ein signifikantes Beispiel hierfür ist das Fehlen von Farbe.
Rudolf weist auf das EU-geförderte PIQL-Projekt hin, bei dem gleichzeitig analoge und digitale Informationen – letztere in Form eines QR-Codes – auf Mikrofilm gebannt werden. Hierdurch soll eine bessere Verknüpfung der verschiedenen Sicherungsmedien ermöglicht werden. Das Medium des Mikrofilms stellt sich damit nicht als veraltet dar, sondern wird den neueren Erfordernissen angepasst und “fit für die Zukunft” gemacht.
Dr. Yvonne Bergerfurth (StA Geldern) erkundigt sich nach den Möglichkeiten, in den Archiven bestehende Digitalisate nachträglich in die Bundessicherungsverfilmung zu geben. Dies sei grundsätzlich denkbar, sofern gewisse Standards und technische Parameter eingehalten wurden; allerdings deuten sich hierbei auf mittlere Sicht massive Mengen- bzw. Kapazitätsprobleme an.
Matthias Senk (LVR-AFZ) appelliert, sich der Frage der Beständepriorisierung in den Archiven zu widmen und zügig in das Notfallmanagement einfließen zu lassen. Er weist – mit Blick auf die Erfahrungen der Hochwasserkatastrophe – darauf hin, dass “gut gemeinte” Sicherungsmaßnahmen wie das Einschließen wichtiger Bestände in Stahlschränken sich im Notfall sogar als kontraproduktiv erweisen können, wenn z. B. nach Aufquellen des Materials eine Bergung ohne weitergehende Schädigung nicht möglich ist.